

Nachhaltiger Lebensmitteleinzelhandel
Wann ist ein Lebensmittelmarkt nachhaltig? Wie kann man das messen? Woran erkennt man die Märkte, die sich zukunftsfähig aufstellen, und welche Anreize sind notwendig, um zu überzeugen? Darum geht es im von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Forschungsprojekt "Nachhaltiger Lebensmitteleinzelhandel", dass wir in Kooperation mit der Leibniz Fachhochschule Hannover durchführen.
Hintergrund des Projektes
Mit Unterzeichnung der Klimaschutz-selbstverpflichtung haben wir das Versprechen gegeben, unsere Kredit- portfolios im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens auszurichten.
Um diesem Versprechen nachzukommen, bedarf es jedoch auch der richtigen Werkzeuge und Tools, die uns fundierte Entscheidungen ermöglichen. Unter anderem fehlt es bislang an einer wissenschaftsbasierten Methode, den Lebensmitteleinzelhandel in Bezug auf das 1,5°C-Ziel zu beurteilen.
Ziel des Projektes
Im Rahmen des Projektes soll daher der Lebensmitteleinzelhandel im Hinblick auf seinen aktuellen und künftigen Klimabeitrag bewertet werden. Auf Basis einer solchen Bewertung kann entsprechend des Verbesserungspotentials individuell beraten werden.
Wie dabei ein effektives Anreizsystem aussehen kann, ist ebenfalls eine zentrale Fragestellung des Projektes.
Umsetzung
Zur Erreichung der Projektziele sind CO2-Emissionen einzelner Standorte zu erheben und im Hinblick auf ihren Klimabeitrag zu bewerten. Des Weiteren sind Indikatoren zu definieren, die den Transformationswillen von Lebensmitteleinzelhändler*innen abbilden. Diese – zum Teil qualitativen und quantitativen – Erhebungen dienen als Basis für die Entwicklung der Beratungs- und Anreizinstrumente, die modellhafte mit Beteiligten verprobt werden sollen. Auf diese Weise soll die Praxistauglichkeit der Instrumente sichergestellt werden.
Die Ergebnisse
Im Rahmen eines dreijährigen (2022-2025) DBU-geförderten Projekts wurde ein innovatives Konzept zur Förderung nachhaltiger Investitionen im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) entwickelt und erfolgreich in Kooperation mit der Edekabank entwickelt und erprobt. Ziel war es zu untersuchen, wie Nachhaltigkeit im Lebensmitteleinzelhandel Paris-kompatibel messbar gemacht und durch gezielte Anreize aus dem Bankensektor wirksam gefördert werden kann.
Zentrale Ergebnisse:
- Neue Kennzahl „Temperaturbeitrag“: Bewertet, wie stark sich die Erde erwärmen würde, wenn alle Märkte wie ein bestimmter Supermarkt wirtschafteten – ein klarer Maßstab für Paris-Kompatibilität. Statt xy kg CO2 t ist diese Kennzahl wesentlich greifbarer und granularer, da z.B. auch die Größe und der Standort mitbedacht werden. Die Umrechnung in eine fühlbare Größe – etwa 1,5 °C Zielpfad – ermöglicht ein intuitives Verständnis für die Wirkung eigener Entscheidungen. Zudem dient die individuelle Gradzahl des Marktes als Anreiz, um sich die Auswirkungen potenzieller Modernisierungsmaßnahmen vor Augen zu führen und umzusetzen.
- Klimakredit: Kreditkonditionen werden an die Nachhaltigkeitsleistung gekoppelt – wer besser abschneidet, profitiert von Zinsvorteilen.
- Typengerechte Beratung: Ein praxisnaher Leitfaden unterstützt Berater*innen bei der individuellen Ansprache von Kaufleuten – basierend auf vier psychologischen Faktoren:
- Umwelteinstellung – persönliche Überzeugung zur Relevanz ökologischen Handelns,
- Strategisches Mindset – Fähigkeit, langfristig und vorausschauend zu denken,
- Technologieaffinität – Offenheit gegenüber innovativen Lösungen,
- Selbstwirksamkeit – Glaube an die eigene Veränderungskraft.
- Wirkung belegt: Die Selbstwirksamkeit der Berater*innen stieg signifikant, ebenso die Akzeptanz und Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen bei den Kaufleuten. Auch die Selbstwirksamkeit der Kaufleute zeigte sich als sehr bedeutend, noch vor finanziellen Anreizen und Rahmenbedingungen. Allerdings müssen für die Umsetzung ausreichend Ressourcen (Zeit, Personal, Kapital) verfügbar sein.
- Konkrete Umsetzung: Über 100 Klimakredite wurden vergeben, zahlreiche Märkte investierten in CO₂-Kühltechnik, Wärmepumpen und Ökostrom. Besonders wirkungsvoll zeigten sich folgende Kombinationen:
- Ökostrom + Wärmepumpe + CO₂-Kühlanlage → 1,1 °C
- Ökostrom + CO₂-Kühlanlage → 1,18 °C
- Wärmepumpe + CO₂-Kühlanlage → 2,00 °C
Fazit: Das Projekt zeigt, wie wissenschaftlich fundierte Bewertung, finanzielle Anreize und psychologisch fundierte Beratung gemeinsam eine nachhaltige Transformation im LEH ermöglichen. Zukünftig bleibt es daher wichtig Selbstwirksamkeit zu fördern sowie Kapital, Wissen, Beratung und Ressourcen bereit zu stellen, z.B. anhand von Best Practices, Maßnahmenplanung oder flankierenden Hilfestellungen zur Umsetzung.